Die GLS Crowd wurde 2017 von der GLS Bank als unabhängiges Unternehmen initiiert. Die GLS Bank wiederum bietet seit ihrer Gründung im Jahr 1974 Lösungen für die Finanzierungsbedürfnisse ihrer Kund*innen. Die GLS Bank nutzt ihre Expertise und das umfangreiche Netzwerk, um Projekte zu identifizieren. Sie wählt diese anhand ihrer Anlage- und Finanzierungsgrundsätze aus und schlägt sie der Online-Plattform GLS Crowd zur Vermittlung vor. Diese Online-Plattform wird von der GLS Crowdfunding GmbH betrieben, eine von der GLS Bank unabhängige Gesellschaft.
Nachhaltigkeit von Anlageangeboten schwer zu bewerten
Den Impact eines Investments zu messen ist allein schon eine Herausforderung. Eine positive Wirkung nachzuweisen ist noch deutlich schwieriger. Zu schwierig für viele Unternehmen: Um sich selbst gut dastehen zu lassen, greifen viele Akteuren am Markt deshalb auf PR-Methoden wie „Greenwashing“ und „Rainbow-Washing“ zurück. Die sind ein zunehmendes Problem für Investor*innen, die ihr Geld nachhaltig anlegen möchten. Denn die kommunikative Kosmetik macht die objektive Bewertung eines Investments nicht leichter. Die Mission der GLS Bank und ihrer Partner: Transparent machen, wohin Geld fließt und welche Wirkung es dort entfaltet. Dafür wurde 2018 eine eigene Stabsstelle in der GLS Bank gegründet: Die GLS Wirkungstransparenz. Jens Heidingsfelder ist fast von Anfang an dabei – und begleitet als Kooperationspartner auch die Emittenten der GLS Crowd, die sich für eine Crowdfinanzierung interessieren, auf dem Weg in die messbare Nachhaltigkeit.
Negative Wirkung und Greenwashing
Die GLS Bank hat sehr konsequente Anlage- und Finanzierungsgrundsätze. Allein damit schließe sie viel negative Wirkung von vorneherein aus, so Jens Heidingsfelder. Das Problem: „Viele Finanzdienstleister vergeben Kredite an Projekte, die nach unseren Auffassungen nicht zukunftsfähig sind und die nicht unserem Transformationsgedanken entsprechen: Atomenergie, Rüstung, Gentechnik. Es hindert sie aber niemand daran, gleichzeitig Windparks oder nachhaltige Immobilienprojekte zu finanzieren. In ihrer Außendarstellung feiern sie dann ihre Vorzeigeengagements. Dieses Rosinenpicken ist natürlich nicht verboten. Aber es ist ein stückweit eine Täuschung von Verbraucher*innen, wenn über positive Wirkung berichtet, negative aber verschleiert wird.“ Anspruch der GLS Bank sei es, diesem „Greenwashing“ Transparenz entgegenzusetzen. Negative Wirkung kommuniziert man dabei genauso wie positive. Denn: „Unsere Anleger*innen haben ein Recht zu wissen, woran sie bei uns sind.“
Sustainable Development Goals und Rainbow-Washing
Mit der Wirkungstransparenz hat die GLS Bank ihr eigenes System entwickelt. Gleichzeitig möchte man sich den 17 international vereinbarten Nachhaltigkeitszielen, den Sustainable Development Goals – kurz SDGs –, nicht verschließen. Diese Haltung teilt auch der Kooperationspartner der GLS Bank, die GLS Crowd. Deshalb wird für jedes Crowdinvesting-Vorhaben eines Emittenten eine SDG-Bewertung durchgeführt, bevor das Projekt seitens der GLS Bank der GLS Crowd zur Vermittlung vorgeschlagen wird. „Wir haben hier eine sehr fundierte Herangehensweise, die gleichzeitig sehr viel Aufwand für uns bedeutet. Das Ärgerliche: Andere Finanzdienstleister bewerten ebenfalls auf Grundlage der SDGs, betreiben aber sehr viel weniger Aufwand. Die Konsequenz sind viele bunte, bedeutungslose SDG-Logos auf Websites von Unternehmen, die nicht unbedingt nachhaltig sind.“ Die Gefahr, die Heidingsfelder bei diesem „Rainbow-Washing“ sieht: Standards werden verwässert und Anleger*innen – wie beim Greenwashing – getäuscht.
Qualitätsnachweis mit Güteindikatoren
Genau das Gegenteil will die GLS Bank Wirkungstransparenz erreichen. In ihren Zukunftsbildern hat sie für jede Branche fünf Unterziele oder Qualitäten definiert. „Diese Unterziele haben wir genutzt, um messbare Indikatoren festzulegen.“ Die sogenannten „Rohindikatoren“ – zum Beispiel die Anzahl der finanzierten Wohneinheiten oder die Quadratmeterfläche des finanzierten Wohnraums – seien leicht zu messen. „Sie besagen aber noch nicht sehr viel.“ Deshalb ergänze man sie durch „Gütefaktoren“: Eine bezahlbare Netto-Kaltmiete, Maßnahmen für Mehrgenerationenwohnen oder soziale Vielfalt, eine ökologische Bausubstanz. „Wir fragen also über diese Gütefaktoren noch ganz viele Qualitäten ab, die Aufschluss darüber geben, was die Zahl der finanzierten Wohneinheiten oder Quadratmeter eigentlich bedeutet.“ Wenn die Faktoren bestimmt sind, folgt die Kontextualisierung: „Wir setzen zum Beispiel die Nettokaltmiete in Relation zum lokalen Mietspiegel. Wenn wir dann sehen, dass wir 12 bis 14 Prozent darunter liegen, wissen wir, dass wir unser Ziel, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, mit dem Projekt erreichen können. Genauso schauen wir, wo wir Spielraum für Verbesserungen haben, wenn wir ein Ziel nicht erreichen. Wir können so mit Hilfe der Indikatoren sehr fundiert vorgehen.“
Impact Measurement in der GLS Crowd
200 bis 250 Güteindikatoren seien bereits definiert, sagt Jens Heidingsfelder. Damit sei die Wirkungstransparenz im Kreditbereich der GLS Bank fest verankert. Zugeschnitten auf das jeweilige Geschäftsmodell und die Branche, erfassen unsere Berater*innen gemeinsam mit den Firmenkund*innen die entsprechenden Wirkungsdaten. Dabei beruhen einige Wirkungs-Datenpunkte auf Schätzungen bzw. auf der Einschätzung der Firmenkundenberater*innen. Auch beim Kooperationspartner der GLS Bank, der GLS Crowd, soll die Wirkungsmessung fester Bestandteil des Vergabeprozesses werden: „Wir befinden uns hier in einer Übergangsphase. Wir entwerfen gerade ein Zukunftsbild für das Themenfeld Crowdinvesting.
„Wer ganz am Anfang steht, verändert naturgemäß noch nicht viel – oder nur langsam. Umso wichtiger ist es deshalb die Qualität von Innovation, aber auch von gemeinschaftlichem Handeln zu bewerten.“
Entwicklung der Wirkungsmessung für die Schwarmfinanzierung
Dieses Zukunftsbild berücksichtigt die Eigenheiten der Schwarmfinanzierung: „Wir überlegen, was die Qualitäten und Ansprüche sind, und welche Indikatoren wir dafür brauchen. Einiges wird sich sicher aus der Vorarbeit der GLS Bank übernehmen lassen. Aber wir werden sicher auch weitere Indikatoren brauchen. Denn Crowdfinanzierung als mezzanine Finanzierungsform ist ja ein stückweit besonders.“ So würden die Schwarm-Investor*innen gemeinschaftlich auch Unternehmen finanzieren, die ganz neue Dinge tun. Das müsse bei der Wirkungsmessung berücksichtigt werden. „Wer ganz am Anfang steht, verändert naturgemäß noch nicht viel – oder nur langsam. Umso wichtiger ist es deshalb, beim Impact Measurement der Crowdfinanzierung miteinzubeziehen, inwieweit man die Qualität von Innovation, aber auch von gemeinschaftlichem Handeln bewerten kann.“
Wirkt gegen Rainbow-Washing: Die GLS Bank Wirkungstransparenz
Das systematische Vorgehen der GLS Bank Stabstelle Wirkungstransparenz sei dabei ein sehr guter Katalysator: „Das Konzept der Wirkungstransparenz, wortwörtlich „Wirkung transparent“ oder sichtbar zu machen, bringt uns überhaupt erst dazu, uns mit diesen Aspekten zu befassen. Wirkungstransparenz schafft Raum für Diskussion – intern, sowie extern. Das ist für mich ein riesiger Mehrwert daran.“ Und schon allein dafür lohne sich der Aufwand. In Zukunft soll dann auch für jeden neuen Emittenten der GLS Crowd verbindlich die Wirkung des Vorhabens online in einer Datenbank erfasst, eine SDG-Bewertung durchgeführt und dann die Ergebnisse im Rahmen des Projektprofils auf der GLS Crowd veröffentlicht werden. „Wir tun alles, um Greenwashing und Rainbow-Washing auszuschließen.“
Dr. Jens Heidingsfelder kümmert sich bei der GLS Wirkungstransparenz seit April 2020 darum, dass die ökologische und soziale Wirkung der Bankgeschäfte gemessen und kommuniziert wird. Geleitet wird die 2018 gegründete Stabsstelle, die für das Nachhaltigkeitsmanagement der GLS Bank zuständig ist, von Jan Köpper und Dr. Laura Mervelskemper.