10 Jahre Crowd: Startnext, die Zukunft gehört den Mutigen

Startnext Schaubild: Die Zukunft gehört den Mutigen

Vor 10 Jahren kam Crowdfunding nach Deutschland. Anlass, einmal einen genaueren Blick auf diese Art der Kapitalbeschaffung zu werfen. Dieses Mal spricht Falk Zientz, Chefredakteur des GLS Bank Kundenmagazins Bankspiegel, mit Tino Kreßner, Mitgründer der Startnext Crowdfunding GmbH.

Startnext ist die größte Plattform in Deutschland für das klassische Crowdfunding. Die Unterstützer*innen erhalten hierbei für ihre Spende keinen monetären Gegenwert. Mit 77 Millionen Euro wurden über Startnext inzwischen 8.000 Projekte aus den unterschiedlichsten Bereichen erfolgreich finanziert. Das Volumen der finanzierten Projekte reicht von 500 € bis 2 Millionen.

Falk Zientz: Wann hast Du zum ersten Mal das Potenzial von Crowdfunding erahnt?

Tino Kreßner: Im Jahr 2007 habe ich meine Bachelorarbeit über die Potenziale von Crowdsourcing im Marketing geschrieben und dabei die niederländische Musikcrowd-Plattform SellaBand entdeckt. Ich habe damals als Filmproduzent gearbeitet und mir die Frage gestellt: Warum nicht eine solche Plattform auch für Filme schaffen? Oder warum nicht überhaupt für die ganze Kreativwirtschaft? Im August 2009 haben wir begonnen daran zu arbeiten und haben die Plattform im Oktober 2010 für die Finanzierung der ersten Projekte freigeschaltet.

Worin hast Du zum ersten Mal selbst investiert?

Das war 2011 über seedmatch für das Projekt smarchive, eine digitale Dokumentenverwaltung, die heute noch unter dem Name Gini sehr aktiv am Markt ist.

Wie hast Du am Anfang andere Menschen für den Aufbau eines Crowd-Angebotes überzeugt?

Als Filmproduzenten konnte ich sehr authentisch aus meiner eigenen Erfahrung erzählen, welche Probleme die Förderlandschaft mit sich bringt und welches Potenzial durch die neue Finanzierungsmöglichkeit Crowdfunding gehoben werden kann. So fungiert Crowdfunding zum Beispiel als Markttest, denn die Idee wird vorab einem potentiellen Kundenkreis präsentiert. Außerdem kann Crowdfunding eine Anschlussfinanzierung ermöglichen, wenn Investoren und andere Kapitalgeber das positive Feedback des Marktes sehen. Den Aufbau von Startnext haben wir aus eigenen Mitteln realisiert, vor allem durch die Tätigkeit bei unserer Software- und Social Media-Agentur.

Was war Deine größte Hoffnung?


Ein Teil unserer Gründervision waren Künstleraktien, analog zu SellaBand. Also die Idee, dass einzelne Menschen in Kunst und Kreativität investieren können und dann am wirtschaftlichen Erfolg teilhaben. Dieses Modell konnte allerdings bis heute auf keiner Plattform erfolgreich etabliert werden. Vermutlich liegt es einerseits daran, dass es regulatorisch schwierig ist, sich an kreativen Vorhaben zu beteiligen. Andererseits erzielen viele Kunst- und Kreativprojekte wirtschaftlich keinen Erfolg und die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit wird zu oft in Frage gestellt.

Was war Deine größte Enttäuschung?

Zu Beginn waren wir drei Jahre gemeinnützig, haben dies aber auf Grund der bürokratischen Komplexität wieder aufgegeben. Wir haben geglaubt, mittels der Gemeinnützigkeit betonen zu können, dass wir Projekte fördern, unsere Umsätze reinvestieren und keine Gewinne ausschütten. Startnext versteht sich auch heute als Sozialunternehmen. Die Gemeinnützigkeit haben wir nicht verlängert, weil wir sehr zeitintensiv mit unserem Steuerberater und dem Finanzamt im Gespräch waren, um unser Modell in diesen rechtlichen Rahmen einzupassen. Stattdessen haben wir uns heute als sog. „Benefit Corporation“ zertifizieren lassen – eine internationale Zertifizierung für Unternehmen, die ihren Erfolg nicht am Gewinn, sondern an ihrem gesellschaftlichen Nutzen messen.

Was ist aktuell die größte Herausforderung für Crowdfunding?


Die Beträge, die in Deutschland durch Crowdfunding erreicht werden, sind für einige Vorhaben noch zu klein. Darum möchten wir Crowdfunding mit anderen Finanzierungsinstrumenten verknüpfen, etwa mit Sponsoring oder Bankkrediten. Dabei stoßen aber oft bürokratische Prozesse auf die schlanken und innovativen Prozesse vom Crowdfunding. Bei Startnext gehen wir daher mit den Partnern oft den langen Weg, gemeinsam deren Prozesse so lange zu vereinfachen, dass der Nutzer ein möglichst integriertes Erlebnis bekommt.

Was nimmst Du Dir für 2020 vor?


Wir möchten beginnen, für alle 24 Kategorien auf Startnext langfristige Fördertöpfe zu etablieren, wie wir es bereits im Bereich Natur und Umwelt gemeinsam mit dem Unternehmen Krombacher machen. Hier werden über ein Jahr hinweg 500.000 € automatisch über die Unterstützer an Projekte mit verteilt. Krombacher gibt beispielsweise zu jeder finanziellen Unterstützung durch die Crowd selbst 25 Prozent hinzu.

Welche gesellschaftliche Relevanz hat Crowdfunding 2030?

Crowdfunding wird als Instrument zur Validierung des tatsächlichen Bedarfs dienen. Der Projektinitiator weiß bereits vor dem Beginn seiner Investitionen, ob es überhaupt genug Menschen gibt, die bereit sind Geld für sein Produkt oder seine Dienstleistung zu zahlen. Gleichzeitig sehen auch Kapitalinvestoren, Finanzinstitute oder Fördergesellschaften dieses Feedback und können daraufhin selbst eine bessere Finanzierungsentscheidung treffen. Die Förderung von Angeboten, die sich an Endkunden richten, wird dadurch demokratischer und transparenter. Oftmals kann die Crowd Marktchancen besser einschätzen als Experten. Darum wird Crowdfunding ein fester Bestandteil in der Förderlandschaft sein.

Das Interview führte Falk Zientz, Chefredakteur des GLS Bank Kundenmagazins Bankspiegel.

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