Wie hat Dich der Dokumentarfilm „Cowspiracy – Das Geheimnis der Nachhaltigkeit“ über die Umweltauswirkungen von Tierprodukten bewegt?
Der Film „Cowspiracy“ war für mich ein Augenöffner. Bis dahin hatte ich mir nie darüber Gedanken gemacht, welchen enormen Einfluss meine Ernährung auf unsere Umwelt hat. Ich habe bis zu diesem Tag viele tierische Produkte, wie zum Beispiel Käse und Wurstaufschnitt, gegessen. Als Student habe ich mir mehr Gedanken über den Preis und weniger Gedanken über die ökologischen Auswirkungen meines Konsumverhaltens gemacht. Nachdem ich die „Cowspiracy“ gesehen hatte, habe ich sofort meiner Familie geschrieben, dass ich mich ab jetzt vegan ernähre. Ich wollte ausschließen, dass meine potenziellen Kinder und Enkelkinder meinen Lebensstil später hinterfragen. Obwohl es noch vier Jahre gedauert hat, bis ich mich vollständig vegan ernährt habe, war die Doku „Cowspiracy“ wirklich ein Wendepunkt in meinem Leben.
Wie hast Du Deine Mitgründerin Rebecca Göckel kennengelernt?
Rebecca und ich waren schon in der Jugend, unabhängig voneinander, an einer Gründung interessiert. Wir haben an einer Gründer-Veranstaltung in Köln teilgenommen und uns dort kennengelernt. Weil wir fast die einzigen jungen Leute dort waren, haben wir uns ausgetauscht und auf Anhieb gut verstanden. Da keiner von uns eine konkrete Geschäftsidee hatte, sind wir dabei verblieben, dass wir uns gegenseitig mitteilen, sobald jemand eine zündende Idee hat. Dazu ist es dann ein paar Monate später gekommen.
Warum habt Ihr Euch für Eis als Produkt entschieden?
Die Entscheidung in die Eiscreme-Industrie einzusteigen war relativ pragmatisch. Unser Ziel war es, Lebensmittel herzustellen, die rein pflanzlich sind, aber mindestens genauso gut schmecken wie ihre herkömmlichen Alternativen aus Fleisch, Eiern oder Milch. Mit dieser Idee sind wir in den Supermarkt gegangen und haben geschaut, welche Produkte bzw. Unternehmen das gut machen und welche Marktlücken noch unbesetzt waren. Besonders gut gefiel uns damals ein Sojajoghurt mit Heidelbeergeschmack. Im Eisregal stand damals nur ein einziger veganer Anbieter. Wir haben diesen mit unseren Freunden verköstigt und niemand fand das vegane Eis gut. Im Gegenteil: Es fielen Sätze wie: “Sowas probiere ich nie wieder” oder “Milch gehört einfach ins Eis”.
Es fielen Sätze wie: “Sowas probiere ich nie wieder” oder “Milch gehört einfach ins Eis”.
Wir waren alarmiert, weil wir davon überzeugt waren, dass Milch im Eis kein fester Bestandteil sein sollte und wir uns das als Gesellschaft aus ökologischen Gesichtspunkten nicht erlauben können. Also haben wir recherchiert und erste eigene vegane Eiskreationen hergestellt. Diese haben wir damals in der Küche meiner Studenten-WG hergestellt und meinen Mitbewohnern zum Probieren gegeben. Sie wollten davon immer mehr! Die Entscheidung für veganes Eis war damit gefallen.
Glaubst Du veganes Eis wird zur Normalität und Milcheis zur Ausnahme?
Wenn ich nicht überzeugt gewesen wäre, dann hätte ich NOMOO Eis niemals gegründet! Mit „Cowspiracy“ und weiteren Recherchen zum Thema Klimawandel, Tierleid und Gesundheit ist uns immer mehr bewusst geworden, wie viele Vorteile pflanzliche Lebensmittel im Vergleich zu tierischen Lebensmitteln bieten. Wenn man davon ausgeht, dass die pflanzlichen Lebensmittel mindestens genauso gut schmecken können – was ja häufig auch nur eine Sache der Gewöhnung ist – dann gibt es kein Argument dafür, weiterhin überwiegend tierische Lebensmittel zu konsumieren.
Wie schätzt Du den Wandel in der Lebensmittelbranche ein?
Der REWE bei mir um die Ecke in der Kölner Innenstadt verkauft inzwischen mehr pflanzliche Milch als echte Kuhmilch. Der Wurstproduzent „Rügenwalder Mühle“ macht mehr Umsatz mit seinen pflanzlichen Alternativen als mit den klassischen Fleischprodukten. Was wir in diesen Produktkategorien sehen, wird früher oder später auch bei anderen Lebensmittelprodukten der Fall sein. Der Markt für pflanzliches Eis wächst jährlich um 30%. Wenn das so weitergeht, dann ist es nur noch eine Frage der Zeit. Wir wollen alles dafür geben, dass bis dahin so wenig Zeit wie möglich vergeht. Dabei sind wir realistisch und wissen, dass die herkömmlichen Produkte vielleicht für immer existieren werden. Wir sehen diese zukünftig aber eher als Delikatesse oder Spezialität und nicht als Basisprodukte für den Mainstream.
NOMOO ist biozertifiziert – warum war Euch das wichtig?
Als wir mit NOMOO angefangen haben, hatten wir die Bio-Zertifizierung noch gar nicht im Kopf. Uns war erstmal wichtig, mit der pflanzlichen Rezeptur und einem überragenden Geschmack die vielen Probleme zu lösen, die mit Kuhmilch verbunden sind. Nach und nach erreichten uns immer mehr Kundenreaktionen, die fragten, ob wir das auch in „bio“ hinbekommen. Also haben wir uns in das Thema reingestürzt und einen Produzenten gefunden, mit dem wir ab dann bio-zertifiziertes NOMOO Eis in herstellen konnten.
Bio war also in erster Linie unseren Kunden wichtig und wir haben dadurch gelernt, welche Vorteile es für die Biodiversität und die Gesundheit der Arbeiter auf den Feldern, vor allem in Entwicklungsländern, bietet. Auch wirtschaftlich gibt es Argumente für bio. Wir erhalten damit nämlich den Zugang zum Biofachhandel, der im Vergleich zum klassischen Lebensmitteleinzelhandel zwar kleiner, aber einfacher zu erschließen ist.
NOMOO Eis besteht zum Teil aus exotischen Früchten wie Mango – woher bekommt Ihr diese?
Aktuell sind wir noch zu klein, um alle unsere Zutaten direkt aus den jeweiligen Herkunftsländern zu importieren und somit besser nachvollziehen zu können, woher genau unsere Zutaten stammen. Bis dahin arbeiten wir mit verarbeitenden Unternehmen in Deutschland zusammen, die den Import selbst vornehmen. Dadurch ist es gar nicht leicht, genau sagen zu können, woher eine bestimmte Zutat stammt. Meistens werden die Zutaten von verschiedensten Plantagen bezogen und dann in Deutschland zusammen verarbeitet.
„Der Markt für pflanzliches Eis wächst jährlich um 30%. Wenn das so weitergeht, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis im Eisregal Milcheis die Ausnahme ist“
Was tut Ihr, um die eigene Lieferkette zu kennen?
Ich bin inzwischen zu der Überzeugung gekommen, dass viele Unternehmen in Wirklichkeit gar nicht die Zustände auf allen Plantagen kennen. Wir verarbeiten mehr als 30 verschiedene Rohstoffe. Wenn man annimmt, dass diese von jeweils 10 verschiedenen Plantagen kommen, dann kann man sich vorstellen, wie schwer es ist, die Herkunft jeder einzelnen Zutat zu kennen und garantieren zu können, dass die Herkunft absolut bedenkenlos ist. Wir lassen uns daher von unseren Lieferanten zusichern, dass die Produkte möglichst ökologisch und sozial nachhaltig angebaut werden. Wer das nicht macht, der kann dann eben kein Lieferant von NOMOO sein. Ein längerfristiges Ziel von uns ist es, den Import selbst vorzunehmen und dadurch näher an die herstellenden Betriebe ranzukommen.
Eis muss gekühlt werden, um genießbar zu bleiben. Kühlung kostet viel Energie – wie geht Ihr mit dieser CO2-Bilanz um?
Eis ist ein energieintensives Produkt. Vor allem der Anbau der Rohstoffe, aber auch die Produktion und Kühlung sind dafür die Hauptfaktoren. Der Transport ist gar nicht mal so entscheidend und ist meist nur für ca. 5% der CO2-Emissionen von Eis verantwortlich. Beim Thema Rohstoffe haben wir mit der pflanzlichen Rezeptur schon den effektivsten Hebel bedient. Beim Thema Produktion und Kühlung versuchen wir mit Partnern zu arbeiten, die die dafür benötigte Energie ausschließlich aus erneuerbaren Energien beziehen. Unser Produzent ist daher vor ein paar Jahren auf Strom aus 100% erneuerbaren Energien umgestiegen. Unsere Logistikpartner sind da leider noch nicht so weit – wir arbeiten da aber dran. Alle Emissionen, die wir aktuell noch nicht durch Reduktionsmaßnahmen vermieden bekommen, werden daher von uns um das doppelte kompensiert.
Wie gleicht Ihr das CO2 aus, welches trotz reduzierenden Maßnahmen anfällt?
Dafür unterstützen wir ein Regenwaldschutzprojekt im Amazonas-Gebiet. Insgesamt haben wir dadurch schon 60.000 Quadratmeter Regenwald geschützt und um die 1.000 Tonnen CO2 kompensiert bzw. 500 Tonnen CO2 eingespart. Für uns ist aber klar: Die Kompensation ist nur eine Notlösung. Besser ist es, vorher alle möglichen Emissionen zu reduzieren bzw. zu vermeiden.
Wie habt Ihr euer rasantes Wachstum hingelegt?
Ein ganz wichtiger Schritt für unser schnelles Wachstum war die Auslagerung unserer Produktion. In den ersten beiden Jahren haben wir selbst in einem sehr kleinen Maßstab produziert und damit viele Tage und Nächte verbracht. Diese Zeit stand uns nicht für Marketing und Vertrieb zur Verfügung. Durch die Auslagerung der Produktion konnten wir uns ab dann vollkommen auf den Vertrieb und das Marketing fokussieren.
Wie habt Ihr Euer Wachstum finanziert?
Das ging nur durch die Aufnahme von externem Kapital, welches wir dann auch dazu genutzt haben, das Vertriebsteam aufzubauen und das Marketingbudget zu erhöhen. Um zukünftig weiterhin so schnell zu wachsen, werden wir für eine bestimmte Zeit noch auf externes Kapital angewiesen sein. Deswegen haben wir jetzt die Kampagne mit der GLS Crowd gestartet. Wir freuen uns über viele Anleger*innen, die uns dabei unterstützen, den Eismarkt ein Stück nachhaltiger zu machen.
Vielen Dank für Deine Zeit, Jan!
Jan Grabow ist Gründer des veganen Bio-Eis NOMOO. Er hat in Köln und Mannheim Business Administration und Management studiert und ist bei NOMOO für die Bereiche Operations & Finance zuständig. Im April 2022 startete die Crowdinvesting-Kampagne von NOMOO auf der GLS Crowd.
Warnhinweis: Der Erwerb dieser Finanzinstrumente ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen. Der in Aussicht gestellte Ertrag ist nicht gewährleistet und kann niedriger ausfallen.