Lieber Herr Kühnel, Sie sind jetzt seit drei Jahren bei timpla, wie schätzen Sie die Entwicklung des Holzbaus in Deutschland ein?
Da gibt es noch viel Potential. Allerorten ist zu hören, dass wir mehr mit Holz bauen müssen. In Deutschland ist der Holzbau gerade auf der politischen Agenda ganz oben. Das hat hauptsächlich zwei Gründe: Einerseits muss auch der Gebäudesektor die Klimaziele zu erreichen. Der Holzbau ist zwar nicht das „Allheilmittel“ – ich bin aber überzeugt, dass wir ohne Holzbau im Bausektor auf Jahrzehnte die Klimaziele reißen werden. Andererseits müssen wir endlich Geschwindigkeit ins Bauen bekommen. Hier spielt besonders der modulare Holzbau seine Stärken aus. Die Bundesbauministerin hat bis vor kurzem noch das Ziel ausgegeben, dass jedes Jahr in Deutschland 400.000 Wohnungen gebaut werden müssen, die obendrein auch noch bezahlbar sein sollen. Diese Aspekte sprechen für den modularen Holzbau und unser neues Werk geht zu einem guten Zeitpunkt an den Markt.
Der Markt für Holzbau wird zunehmend umkämpfter – wie positioniert sich timpla?
Der Holzbau-Markt ist dynamisch und verändert sich gleichsam mit dem Immobiliensektor: Es sind wenige große, industriell-ausgerichtete neue Unternehmen auf dem Markt gekommen, deren Strategie es ist, über die Vorteile der seriellen Fertigung hauptsächlich Holzelemente, aber auch Raummodule zu produzieren. Zugleich gibt es eine Vielzahl von etablierten Traditionsunternehmen, die historisch eher aus dem Zimmerei-Dachdeckerei- und Sägewerkbetrieb kommen und organisch gewachsen sind. Wir bei timpla positionieren zwar klar als industrieller Holzbauer, bewahren uns aber dennoch eine gewisse Flexibilität, um die verschiedenen Anforderungen durch spezielle Grundstücke und Kundenwünsche erfüllen zu können. Ein zu starres Raster bei der Gebäudekonstruktion ist aktuell auf dem deutschen Markt nach unserer Meinung nicht erfolgsversprechend. Wir haben im Hintergrund die Renggli AG, ein hundertjähriges Unternehmen, das klassisch aus einem Zimmereibetrieb entstanden ist. Diese handwerklich hohe Kunst möchten wir kombinieren mit mit einer industriellen Fertigung und digitalen Prozessen.
Wie kann man sich Euer Produkt vorstellen? Wie flexibel könnt Ihr auf Wünsche von Kunden reagieren?
Das hängt vom Kunden ab. Unser Ziel ist es, dass der Innenausbau komplett bei uns stattfindet. Das bedeutet, dass beispielweise Badezimmer oder Küchen bei uns im Werk eingebaut und mit ausgeliefert werden. Timpla ist in der Lage, sehr hohe Vorfertigungsgrade anzubieten. Auf der Baustelle werden im Wesentlichen nur noch die Module montiert und die Fassade installiert – vor Ort sind wir bis zu 70 Prozent schneller als der klassische mineralische Bau. Um es greifbar zu machen: Der Kunde hat also beispielsweise die Wahl zwischen einem Jahr Bauzeit oder Fertigstellung nach vier Monaten. Die Standardisierung ist weniger von außen zu sehen als viel mehr bei den technischen Punkten. Es wird nicht nur die Modellvarianten Small, Medium und Large geben, sondern der Standard wird eher darin bestehen, dass wir Verbindungselemente standardisieren. Längen, Breiten, Dämmungskennzahlen usw. können problemlos an die Anforderungen des Kunden angepasst werden. Dadurch werden wir so viel Flexibilität haben, dass der Kunde die Grundrisse, die er wünscht, auch realisiert bekommt. Wir bauen individuelle Gebäude aus standardisierten Bauteilen.
Kommen wir auf die Region Berlin / Eberswalde zu sprechen. Wie sieht es dort konkret mit dem Holzbau aus?
Es gibt das Schumacher Quartier, den großen Umbau des früheren Flughafens Tegel, dort wird ganz viel in Holzbauweise errichtet. Der Luisenblock, ein Erweiterungsbau des Deutschen Bundestags, wurde auch als Holzmodulbau umgesetzt. Auch Schulbauten in Berlin werden hier und da aus Holz gebaut. Dennoch – wir haben mit der Koalition für Holzbau eine Studie in Auftrag gegeben, die ergeben hat, dass bei Mehrfamilienhäusern der Holzbauanteil bei gut 2 Prozent der Neubauten liegt. Und Berlin-Brandenburg ist da keine große Ausnahme. Im Norden, also nördlich von Baden-Württemberg und Bayern hat man es beinahe verlernt, mit Holz zu bauen. Doch die Vorurteile gegenüber Holz schwinden zunehmend, die Kompetenzen in den Behörden und bei den Auftraggebern wachsen langsam.
Es ist auch höchste Zeit: Über die EU-Taxonomie merken wir, dass es viel Druck auf Investoren gibt, sich über nachhaltigen Wohnungsbau Gedanken zu machen. Ich bekomme fast jede Woche einen Anruf von einem potenziellen Investor, der sagt, ich möchte in Brandenburg oder in Berlin etwas bauen, am besten in Holzbauweise mit timpla.
Wo steht die Firma timpla aus Ihrer Sicht in fünf Jahren?
Ich stelle mir vor, dass wir uns in fünf Jahren so etabliert haben, dass wir als Name und Marke im Markt anerkannt sind. Wir gelten als modern, schlank, digital und vereinen hohe Qualität mit architektonischem Anspruch, der noch bezahlbar ist. Wir haben in Eberswalde 130.000 Quadratmeter Grundstück gekauft. Davon bebauen wir gerade 40.000 Quadratmeter. Wenn ich es mir wünschen dürfte, dann unterhalten wir uns in fünf Jahren über den nächsten Neubau eines Werkes.
Vielen Dank für das Interview Herr Kühnel.
zu timpla by Renggli:
timpla steht für ressourcengerechtes Bauen: seriell, digital, klimafreundlich, mit Holz als nachwachsendem, werterhaltendem Baustoff und greift auf die Expertise der Renggli AG aus der Schweiz zurück, die seit 100 Jahren hochwertige und klimafreundliche Gebäude in Element- und Modulbauweise realisiert. timpla bietet eine starke Alternative zum konventionellen Wohnungs- und Objektbau, die den Anforderungen effizienter und nachhaltiger Bauweise standhält und zu einer Reduzierung von CO2-Emissionen im Bausektor von bis zu 40 % (abhängig von der Materialzusammensetzung) führt.
Mit der aktuellen Crowd-Kampagne soll unter anderem ein standardisiertes Bauprodukt entwickelt und das Nachhaltigkeits- und Qualitätsmanagement ausgebaut werden.