Was Handelbarkeit mit den Zinsen macht
Anleihen gehören zu den „festverzinslichen“ Wertpapieren. Sie werden auch „Renten“, „Bonds“, „Schuldverschreibungen“ oder „Obligationen“ genannt. Anleihe-Emittenten zahlen Anleihe-Besitzern in der Regel während der Laufzeit der Bonds feste Erträge in Form von Zinsen. Das geschieht zumeist einmal im Jahr zu einem fixen Termin: dem sogenannten „Kupontermin“. Allerdings erwirbt nicht jeder Anleger eine Anleihe am Tag der Ausgabe und hält sie bis zum Rückzahlungszeitpunkt im Depot. Anleihen lassen sich für gewöhnlich wie andere Wertpapiere an der Börse kaufen und verkaufen. Wer eine Aktie am Tag nach der Dividendenausschüttung kauft, zahlt einen ermäßigten Kurswert. Die Zinsen aus einer Anleihe haben – anders als die Dividenden bei Aktien – meist keinen Einfluss auf den Kurs der Bonds. Sie sind also nicht eingepreist.
Wenn der Kupontermin nicht der Kauftag ist
Der Handel von Anleihen erfolgt fortlaufend. Der Zinskupon wird aber nur einmal im Jahr – manchmal auch halbjährlich oder quartalsweise – fällig. Wechselt eine Anleihe den Besitzer, bekommt der neue Besitzer zum nächsten Kupontermin die Ausschüttung für den gesamten zurückliegenden Zinszeitraum. Anspruch hat er aber erst ab dem Kauftag. Dem Verkäufer wiederum stehen die Zinsen zu, die zwischen dem letzten Zahlungstermin und dem Verkauf angefallen sind. Damit jeder unterjährige Besitzer den entsprechenden Anteil an Zinsen für seine Anleihe erhält, werden diese „Stückzinsen“ beim Verkauf separat berücksichtigt. Wer in Anleihen investiert muss daher zusätzlich zum Kurswert einen Aufschlag in Höhe der Zinsen zahlen, die seit dem letzten Kupontermin bis zum Verkaufstag angefallenen sind.
Wie die Stückzinsen ermittelt werden
Die Berechnung der Stückzinsen kann auf verschiedenen Zinszahlungsmethoden beruhen. Eine sogenannte „Zinskonvention“ ist die „30/360“-Methode – oder auch „act/360“. „act“ ist dabei die Abkürzung von „actual“, dem englischen Wort für „tatsächlich“. Abgerechnet wird hier tagegenau, wobei ein Monat mit 30 und ein Jahr mit 360 Tagen angesetzt werden. „act/act“-Zinsrechnungen, wie sie die meisten börsennotierten Anleihen verwenden, setzen das Jahr mit den tatsächlichen Tagen – 365 beziehungsweise 366 – an. Anleihen auf der GLS Crowd berechnen die Stückzinsen act/act.
Eine Beispielrechnung
Ein Anleger kauft eine Anleihe zu folgenden Bedingungen:
Wert | Betrag |
---|---|
Nennwert | 1000 € |
Kupon | 3 % |
Nächster Zinstermin | 1/2023 |
Kauftag | 1.4.2022 |
Zinskonvention | Act/360 |
Der Anleger kauft die Anleihe 90 Tage nach der letzten Zinszahlung. Von den jährlich 30 Euro Zinserträgen steht ihm ein Anteil von 30 Euro geteilt durch 360 Tage mal 90 Tage zu. Das macht 7,50 Euro, die der Käufer der Anleihe zusätzlich zahlen muss – was zum „krummen“ Betrag von 1007, 50 Euro auf seiner Kaufabrechnung führt.
Warum auch bei Neuemissionen Stückzinsen anfallen
Anleger können Anleihen an der Börse kaufen. Sie haben aber auch die Möglichkeit, im Rahmen einer Neuemission zu investieren – wie bei den Anleihen auf der GLS Crowd. Jede Anleihe wird von der Banken- und Finanzaufsicht „gestattet.“ Das heißt, dass in einem sogenannten „Wertpapier-Informationsblatt“ bestimmt wird, von wann bis wann die Anleihe für Anleger und Anlegerinnen zeichenbar sein darf. Dieser Zeitraum wird Angebotszeitraum genannt. Der Zinslauf wiederum besagt, ab wann Anleger auf ihre Investition einen Zinsanspruch erwerben. Anleger können innerhalb des im Wertpapierprospekt veröffentlichten Angebotszeitraums so lange Anteile zeichnen, bis das Gesamtemissionsvolumen erschöpft ist. Weil der Angebotszeitraum sich über mehrere Monate erstrecken kann, sind Ausgabetag der Anleihe, Zinstermin und Kauftag in der Regel nicht identisch. Der Anspruch auf Zinserträge besteht für die Anleger theoretisch ab dem Kauftag. Praktisch werden bis zu zwei Börsenarbeitstage benötigt, um den Kauf abzuwickeln und der Zinsanspruch des Anlegers entsteht in der Regel zwei Tage nach dem Kauf. Das führt dazu, dass Anleger auch bei Neuemissionen Stückzinsen zahlen müssen.
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