Wann muss ein Unternehmen Insolvenz anmelden?
Grundsätzlich gibt es drei Gründe, aus denen ein Unternehmen Insolvenz anmeldet.
- Zahlungsunfähigkeit: Ein Unternehmen ist zahlungsunfähig, wenn es seine fälligen Zahlungsverpflichtungen gegenüber Gläubigern nicht mehr begleichen kann. Die liquiden Mittel reichen nicht aus, um die aktuellen Verbindlichkeiten zu decken.
- Drohende Zahlungsunfähigkeit: Diese liegt vor, wenn absehbar ist, dass ein Unternehmen in naher Zukunft seine Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllen kann. Es ist eine Vorwarnstufe, die Handlungsbedarf signalisiert.
- Überschuldung: Überschuldung besteht, wenn die Schulden eines Unternehmens sein Vermögen übersteigen. Oft geht damit auch eine fehlende positive Fortführungsprognose einher.
Wie läuft ein Insolvenzverfahren ab?
- Das Insolvenzverfahren beginnt mit Stellung des vorläufigen Insolvenzantrags beim Amtsgericht.
- Nach Eingang des Antrags prüft das Insolvenzgericht im sogenannten Insolvenzeröffnungsverfahren unter anderem, ob ein Insolvenzgrund vorliegt und ob das Vermögen des Schuldners voraussichtlich ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Zudem wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt.
- Zeigt sich, dass ausreichend Vermögen für die Verfahrenskosten vorhanden ist und der Antrag auch ansonsten zulässig ist, wird das Insolvenzverfahren eröffnet. Ist nicht genug Vermögen vorhanden, wird der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens „mangels Masse“ abgelehnt.
- Der Insolvenzverwalter fordert die Gläubiger auf, die Forderungen anzumelden. Die Insolvenzordnung legt dabei eine bestimmte Reihenfolge fest, in der die angemeldeten Forderungen zu erfüllen sind. Dabei gilt der Grundsatz, dass zunächst die Forderungen einer bestimmten Klasse – auch Rangigkeit genannt – erfüllt sein müssen, bevor die nachfolgende Klasse bedient wird.
- Je nach Größe der Gesellschaft kann das Insolvenzverfahren mehrere Jahre dauern. Mit Verteilungen aus der Insolvenzmasse ist grundsätzlich erst am Ende des Verfahrens zu rechnen, sofern die betreffende Forderung bedient wird.
Sonderfall: Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung
Das betroffene Unternehmen hat alternativ die Möglichkeit, einen Antrag auf Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung zu stellen. In diesem Fall führt der Geschäftsführer das Insolvenzverfahren selbst durch und kann dieses aktiv mitgestalten. Es wird seitens des Gerichts ein Sachverwalter eingesetzt, um die Insolvenz in Eigenverwaltung zu begleiten und zu überwachen.
Wie verläuft die Sicherung der Insolvenzmasse und die Anmeldung der Gläubigerforderungen?
Das Gericht kann schon vor der offiziellen Eröffnung des Insolvenzverfahrens Maßnahmen ergreifen, um die Interessen aller Gläubiger zu schützen. Dafür stehen ihm drei Hauptoptionen zur Verfügung:
- Dem Schuldner untersagen, über sein Vermögen zu verfügen (allgemeines Verfügungsverbot).
- Bestimmen, dass der Schuldner für Entscheidungen über sein Vermögen die Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters benötigt.
- Ein Vollstreckungsverbot erlassen: Dies verhindert, dass einzelne Gläubiger durch Zwangsvollstreckungen auf das Vermögen des Schuldners zugreifen. So wird eine vorzeitige Zerschlagung des Vermögens vermieden und eine gerechte Verteilung unter allen Gläubigern ermöglicht.
Diese Schritte sollen sicherstellen, dass die Insolvenzmasse erhalten bleibt und alle Gläubiger fair behandelt werden. Dieses Gebot der Gläubigergleichbehandlung betrifft allerdings nur die Gläubiger innerhalb einer jeweiligen Rangklasse. Mit Verteilungen aus der Insolvenzmasse ist grundsätzlich erst am Ende des Verfahrens zu rechnen – sofern die betreffende Forderung bedient wird.
Die Bedeutung von Insolvenzverfahren im Crowdinvesting
Anleger in Vermögensanlagen haben den Status nachrangiger Gläubiger. Bei einer Insolvenz oder Liquidation des Unternehmens werden ihre Forderungen erst nach allen anderen Gläubigern bedient.
Es gilt außerdem eine vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre: Ansprüche aus dem Nachrangdarlehensvertrag können nicht geltend gemacht werden, wenn dies beim Darlehensnehmer einen Insolvenzgrund (Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit) auslösen würde, oder wenn bereits ein Insolvenzgrund vorliegt.
Im Insolvenzverfahren werden die Forderungen nachrangiger Gläubiger nur berücksichtigt, wenn das Insolvenzgericht sie ausdrücklich zur Anmeldung auffordert. Diese Regelungen bedeuten für nachrangige Anleger ein erhöhtes Risiko, ihre Investition teilweise oder vollständig zu verlieren.
Informationspflicht bei Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung
Bei einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung sind Unternehmen zusätzlich verpflichtet, sowohl Anleger und Vermittler einer Vermögensanlage über den Eintritt einer wesentlichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens unverzüglich zu informieren.
Fazit: Insolvenzverfahren ermöglicht wenig Einblick
Bei Vermögensanlagen besteht zusammengefasst grundsätzlich das Risiko eines Totalverlusts der eingesetzten Finanzmittel. Vor Abschluss eines Insolvenzverfahrens stehen für uns als GLS Crowd meistens kaum Möglichkeiten zur Verfügung, Anlegerinnen und Anleger über den Status ihrer Forderungen zu informieren. Da ein Insolvenzverfahren mehrere Jahre dauern kann und der Ablauf gesetzlich genau vorgeschrieben ist, kann es entsprechend lange dauern, bis die Behandlung der offenen Forderungen abschließend geklärt ist. Wie viele GLS-Crowd-Projekte von Insolvenzverfahren betroffen sind, erfahren Sie auf unserer Seite Transparenz und Verbraucherschutz.