Offene Hände, die Euro-Geldscheine halten, symbolisieren finanzielle Chancen und Risiken im Kontext von Nachrangdarlehen. Bild: Christian Dubovan | Unsplash

Das Nachrangdarlehen erklärt: Was Sie über Chancen und Risiken wissen sollten

Lesedauer: 10 Minuten

Die meisten Crowdinvestments sind Vermögensanlagen in Form von Nachrangdarlehen. Neben der „klassischen“ Variante gibt es weitere Möglichkeiten der Ausgestaltung für dieses Finanzinstrument. Wir erklären, was Nachrangdarlehen als Vermögensanlage ausmacht, und was Sie beachten sollten, wenn Sie über Crowdinvesting-Plattformen wie die GLS Crowd in Vermögensanlagen investieren möchten.

Was ist ein Nachrangdarlehen?

Ein Nachrangdarlehen ist ein Kredit mit in der Regel festem Zinssatz und festgelegter Laufzeit. Der Unterschied zu einem herkömmlichen Darlehen wird deutlich, wenn das kreditnehmende Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten gerät und Insolvenz anmelden muss: Dann werden die Anleger*innen hinter allen anderen Gläubigern eingereiht. Ausstehende Zahlungen erhalten sie erst, wenn der Insolvenzverwalter alle vorrangigen Forderungen bedient hat. Damit besteht die konkrete Gefahr, dass Investor*innen einen Totalverlust erleiden. Paragraph 38 und Paragraph 39 der Insolvenzordnung regeln die Rangigkeit im Detail.

Was bedeutet „qualifizierter Rangrücktritt“?

Bei Crowdinvesting-Projekten handelt es sich zudem meist um Nachrangdarlehen mit einem sogenannten „qualifizierten Rangrücktritt“. Dabei muss es nicht erst zu einer Insolvenz kommen, damit Zinsen und Tilgung ausbleiben. Die Geschäftsleitung muss die Zahlungen bereits dann nicht mehr leisten, wenn sie die Forderung nicht aus frei verfügbaren liquiden Mitteln begleichen kann. Das Unternehmen soll dadurch auch in kritischen Phasen seine Handlungsfreiheit erhalten können, um einer Insolvenz vorzubeugen. Für Investoren erhöht sich allerdings das Risiko.

Warum können Nachrangdarlehen als Vermögensanlage interessant sein?

Grundsätzlich gilt für Vermögensanlagen wie Wertpapiere: Je höher das Risiko, desto höher ist im Regelfall auch das Renditeversprechen. Die Gefahr eines Totalverlusts ist bei Investments in Form von Nachrangdarlehen größer als bei Kapitalanlagen, die nicht nachrangig behandelt werden. Investoren bekommen deshalb zum Ausgleich höhere Zinsen. Außerdem bieten Nachrangdarlehen als klassisches Crowd-Finanzierungsinstrument Anlegern die Möglichkeit, in nachhaltige Unternehmen zu investieren, die sonst vielleicht keine Finanzierung erhalten würden.

Gibt es bei Vermögensanlagen einen Verkaufsprospekt?

Informationen über das Investment helfen, die Chancen auf Erfolg einzuschätzen – und das Risiko. Verkaufsprospekte sind deshalb auch bei Vermögensanlagen – ob in Form von Nachrangdarlehen oder anderen Investments – eine wichtige Quelle für Anleger. Allerdings gilt: Wirbt ein Unternehmen mit einem Nachrangdarlehen weniger als sechs Millionen Euro ein, muss es keinen Verkaufsprospekt erstellen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verlangt in diesem Fall nur ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) mit den wichtigsten Eckdaten zum Funding. Die Crowdinvesting-Plattform und der Emittent veröffentlichen das VIB zum Funding-Start auf ihrer Webseite.

Prospektierte Nachrangdarlehen

Mehr Informationen gibt es bei sogenannten „prospektierten Nachrangdarlehen“. Dabei liegt das Finanzierungsvolumen in der Regel über sechs Millionen Euro. Das emittierende Unternehmen ist also verpflichtet, einen ausführlichen Verkaufsprospekt zu veröffentlichen. Der liefert Anlegern unter anderem Angaben zur Art der Vermögensanlage, zu Geschäftstätigkeit und Kapital des Emittenten, zu Anlagezielen und zu Risiken. Was Anleger wissen sollten: Die BaFin bekommt den Vermögensverkaufsprospekt zur Abnahme vorgelegt, prüft ihn aber nur formal und nicht inhaltlich.

Was ist ein partiarisches Nachrangdarlehen?

„Partiarisch“ bedeutet „mit Gewinnbeteiligung“. Ein partiarisches Nachrangdarlehen ist eine Form der Beteiligungsfinanzierung. Anleger profitieren hierbei in erster Linie vom Unternehmenswachstum. Sie stellen dem Unternehmen eine Summe für einen bestimmten Zweck zur Verfügung. Dafür beteiligt es sie an zukünftigen Gewinnen oder Umsätzen. Anders als bei klassischen Nachrangdarlehen sind die Renditen nicht fest vereinbart, sondern variieren in Abhängigkeit vom Gewinn. Deshalb fließen sämtliche Zahlungen – auch die Zinsen – in der Regel erst zum Ende der Laufzeit. Dann lässt sich die Unternehmensentwicklung nämlich erst beurteilen. Partiarische Darlehen können unterschiedlich ausgestaltet sein. So können Darlehensnehmer zusätzlich zum Bonuszins – der eigentlichen Gewinnbeteiligung – einen Basiszins als jährliche Mindestfestzins-Komponente bieten. Genauso wie klassische stellen partiarische Nachrangdarlehen als Vermögensanlage erhebliche Risiken für Anleger dar, die im Darlehensvertrag und dem VIB explizit aufgeführt sein müssen.

Zwei Personen diskutieren an einem Schreibtisch mit Laptop und Notizen über Finanzthemen.
© Vitaly Gariev | Unsplash

Was ist eine Projektfinanzierung?

Vermögensanlagen in Form von Nachrangdarlehen finden häufig in der Projektfinanzierung Anwendung. Um große Projekte durchführen zu können – zum Beispiel im Bereich der erneuerbaren Energien oder im Immobiliensektor –, brauchen Unternehmen finanzielle Mittel in beträchtlichem Umfang. Diese ersetzen dort teureres Eigenkapital. Dabei kann auch die Unternehmung an sich das Projekt sein, zum Beispiel bei einer jungen Firma. In beiden Fällen ist eine Finanzierung über Nachrangdarlehen eine Alternative zum klassischen Bankkredit. Mit der Darlehenssumme realisiert das Unternehmen Geschäftsaktivitäten. Dabei fließen die Projektfinanzierungsmittel in der Regel in eine eigenständige Zweckgesellschaft. Das erlaubt, die Zahlungsströme aufeinander abzustimmen und vor dem Zugriff Dritter zu schützen. Vorteil für Anleger: Die Darlehen sind in der Regel so ausgestaltet, dass sich nicht automatisch ausfallen, selbst wenn die Muttergesellschaft in eine finanzielle Schieflage gerät. In diesem Fall muss ein neuer Unternehmer gefunden werden, der das Projekt zu Ende bringt.

Warum Nachrangdarlehen für Unternehmensfinanzierungen?

Jungunternehmen verfügen oft nicht die über die geforderten banküblichen Sicherheiten, um ihr Wachstum vollständig über Bankkredite finanzieren zu können. Unternehmensfinanzierungen über die Crowd bieten ihnen die Möglichkeit, trotzdem das notwendige (Risiko-)Kapital für die nächsten Meilensteine einzuwerben. Um einen guten Finanzierungsmix für das Unternehmen erreichen zu können, setzen Wachstumsunternehmen neben den Nachrangdarlehen der Crowd auf Gesellschafterdarlehen, die zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen. Es kann deshalb ratsam für Anleger sein, einen Blick auf die Unternehmensstruktur inklusive der Anteilseigner sowie auf die Gesamtfinanzierungsstruktur des Unternehmens zu werfen, um das Risiko besser einschätzen zu können.

Warum ist die Bonitätsbewertung schwieriger?

Anders als bei etablierten Unternehmen mit langer Historie verfügen junge Unternehmen in der Regel nur über wenig historische Finanzdaten oder aussagefähige Jahresabschlüsse. Investoren müssen die Bonität des Unternehmens oft auf Basis der zukünftigen Erfolgsaussichten des Vorhabens beurteilen. Eine wichtige Kennzahl ist hier unter anderem der sogenannte „prognostizierte Cashflow“. Der kommt ins Spiel, wenn es dem Unternehmen nicht gelingt, den nächsten großen Wachstumsschritt erfolgreich zu absolvieren. Wird der prognostizierte Cashflow nicht erreicht und kann das Unternehmen keine neuen Finanzierungsmittel einwerben, kann das die Rückzahlung der Nachrangdarlehen gefährden. Crowd-Investoren sollten Projekte deshalb gründlich prüfen, bevor sie ihre persönliche Anlageentscheidung treffen.

Fazit

Crowdinvestments können Vermögensanlagen in Form von Nachrangdarlehen sein – Kredite, die in der Regel einen festen Zinssatz und eine feste Laufzeit haben. Unternehmen nutzen sie, um Wachstum oder neue Geschäftsaktivitäten zu finanzieren. Nachrangdarlehen können sehr unterschiedlich ausgestaltet sein und dadurch ein erhebliches Risikopotenzial aufweisen. Investoren sollten sich deshalb vorab genau über das jeweilige Projekt und die Anlagebedingungen informieren.

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Hinweis: Der Artikel soll Ihnen unter anderem dabei helfen, die Risiken eines Crowdinvestments besser zu verstehen. Die Aufzählung einiger Risiken hat keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit. Beachten Sie daher bitte in jedem Fall unsere generellen Risikohinweise einschließlich unserer „Hinweise des Plattformbetreibers“ sowie die jeweiligen projektspezifischen Risikohinweise im Rahmen der einzelnen Investitionsangebote. Das Einstellen eines Projekts auf der Plattform stellt keine Investitionsempfehlung dar.

FAQ zum Thema Nachrangdarlehen

Ein Nachrangdarlehen ist ein Kredit mit festem Zinssatz und festgelegter Laufzeit, bei dem die Rückzahlung im Falle einer Insolvenz des kreditnehmenden Unternehmens nachrangig erfolgt. Das bedeutet, dass die Anleger*innen erst nach allen anderen Gläubigern bedient werden, was das Risiko eines Totalverlusts erhöht. 

Ein qualifizierter Rangrücktritt bedeutet, dass Zinsen und Tilgung nicht nur im Falle einer Insolvenz ausbleiben können, sondern auch dann, wenn das Unternehmen die Forderungen nicht aus frei verfügbaren liquiden Mitteln begleichen kann. Dies soll dem Unternehmen in kritischen Phasen Handlungsfreiheit gewähren, erhöht jedoch das Risiko für die Investoren.

Nachrangdarlehen bieten höhere Zinsen als andere Kapitalanlagen, um das höhere Risiko auszugleichen. Sie ermöglichen Investoren, in nachhaltige Unternehmen zu investieren und direkt Wirkung zu erzielen. Dies macht sie besonders attraktiv für Anleger, die sowohl Rendite als auch soziale oder ökologische Ziele verfolgen.

Für Nachrangdarlehen unter sechs Millionen Euro ist kein Verkaufsprospekt erforderlich; stattdessen muss ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) erstellt werden. Bei Finanzierungsvolumen über sechs Millionen Euro muss ein ausführlicher Verkaufsprospekt veröffentlicht werden, der detaillierte Informationen zur Vermögensanlage und den Risiken enthält. 

Ein partiarisches Nachrangdarlehen ist eine Form der Beteiligungsfinanzierung, bei der Anleger am Unternehmensgewinn beteiligt werden. Die Renditen sind nicht fest vereinbart und variieren je nach Gewinn des Unternehmens. Diese Darlehen bieten potenziell höhere Erträge, bergen jedoch auch erhebliche Risiken, die im Darlehensvertrag und im VIB explizit aufgeführt sein müssen. 

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