Frau steht vor Kletterwand Bild: Foto von Allan Mas von Pexels

Risiko einschätzen: Was Ihnen die rechtliche und finanzielle Struktur eines Investitionsvorhabens sagen kann

Lesedauer: 8 Minuten

Anders als bei der klassischen Anlageberatung bei Ihrer Hausbank gibt es auf Plattformen, die Online-Investments anbieten, keine persönliche Beratung – hier treffen Sie selbst eine Anlageentscheidung. Dieser Beitrag soll Sie dabei unterstützen, den Zusammenhang zwischen der Finanzierungsstruktur und den damit verbundenen möglichen Risiken eines Investitionsvorhabens für sich besser einordnen zu können. Wenn Sie sich auf einer Online-Plattform eine Investitionsmöglichkeit genau unter die Lupe nehmen und diese für sich persönlich bewerten wollen, treffen Sie häufig auf eine von zwei Grundformen: die Projekt- oder die klassische Unternehmensfinanzierung.

Der Artikel soll Ihnen unter anderem dabei helfen, die Risiken eines Angebotes besser zu verstehen. Die Aufzählung einiger Risiken hat keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit. Beachten Sie daher bitte in jedem Fall unsere generellen Risikohinweise einschließlich unserer „Hinweise des Plattformbetreibers“ sowie die jeweiligen projektspezifischen Risikohinweise im Rahmen der einzelnen Investitionsangebote. Das Einstellen eines Projekts auf der Plattform stellt keine Investitionsempfehlung dar.

Projektfinanzierungen wollen Risiken abschirmen

Liegt dem Vorhaben liegt eine Projektfinanzierung zugrunde, wie das beispielsweise häufiger im Bereich der Erneuerbaren Energien vorkommt, so steht und fällt die Rückzahlung der Mittel mit den zukünftigen Erträgen des Projektes, dem sogenannten Cashflow. Rechtlich wird das Vorhaben meist in einer separaten Unternehmung, einer sogenannten Zweckgesellschaft, abgebildet. Damit wird versucht das Vorhaben von anderen externen Risiken abzuschirmen.

Beispiel einer Projektfinanzierung

Beispiel: im Rahmen der Projektfinanzierung soll ein Windpark, in einer eigenen Zweckgesellschaft, errichtet werden. Daran sind mehrere Unternehmen beteiligt. Ein Unternehmen tritt dabei als „Organisator“ auf und übernimmt die Rolle des sogenannten Projektierers. Nehmen wir an, das Unternehmen des Projektierers gerät während der Umsetzung des Windparks in ökonomische Schieflage und muss Insolvenz anmelden. Da die Errichtung des Windparks rechtlich nicht im Unternehmen des Projektierers, sondern in einer separaten Zweckgesellschaft abgebildet wurde, ist diese davon nicht direkt betroffen und besteht weiter. Nun kann ein neuer Projektierer gesucht werden, der das Vorhaben zu Ende umsetzt.

Was heißt das für Sie als Investor*in?  

Der Einsatz von Zweckgesellschaften ist oft sinnvoll, um das zu finanzierende Vorhaben von anderen externen Risikofaktoren, wie er zum Beispiel von den Unternehmen ausgehen kann, die an der Umsetzung beteiligt sind, abzugrenzen und damit die Risikofaktoren insgesamt zu reduzieren.

Risiken bei Projektfinanzierungen

Achtung: je nach Vorhaben sind auch Konstellationen denkbar, wo diese Struktur weniger Nutzen bringt als erhofft. Wenn zum Beispiel bestimmte wichtige technische Komponenten, die für eine erfolgreiche Umsetzung des Vorhabens unabdingbar sind, nur von Hersteller der Anlagen bezogen werden können, würde sich seine Insolvenz trotzdem auf die von ihm rechtlich abgegrenzte Zweckgesellschaft auswirken können. Dieses Lieferanten- oder Herstellerrisiko wäre nur zu vermeiden, wenn ein anderer Lieferant einspringen kann oder die insolvente Gesellschaft durch Sanierung oder Verkauf wieder in die Lage versetzt wird, die benötigten Teile anbieten zu können.  

Unternehmensfinanzierungen: höheres Risiko und (meist) höhere Rendite

Anders liegt der Fall bei einer Unternehmensfinanzierung. Hierbei plant das Unternehmen bestimmte Investitionen zu tätigen, für deren Finanzierung es Kapitalgeber gewinnen möchte. Bei schnell wachsenden Unternehmen sind dies beispielsweise die Ausweitung der Fertigungskapazitäten, die Gewinnung neuer Mitarbeitenden oder der Ausbau von Marketingmaßnahmen. Entsteht nun beispielsweise in einem der Bereiche ein massives Problem, wie z.B. dass die Marketingmaßnahmen trotz aller Anstrengungen nicht zu mehr Kundennachfrage und Umsätzen führen und gelingt kein Gegensteuern in Form von Sparmaßnahmen („cost cutting“) oder der Einwerbung von zusätzlichem Kapital, kann dies schlimmstenfalls zur Zahlungsunfähigkeit und damit zur Insolvenz des Unternehmens führen. Eine solche Krise kann dabei grundsätzlich in allen Unternehmensbereichen, sowie im Unternehmensumfeld (Wettbewerb, Regulierung etc.) ihren Ursprung haben, weshalb Sie als Investor bei einer solchen Finanzierung auf jeden Fall zu der Einschätzung gelangen sollten, dass das Unternehmen für den relevanten Markt gut aufgestellt ist, sodass es auch krisenhafte Entwicklungen überstehen kann.

Junge Unternehmen schwierig einzuschätzen

Gerade bei jungen Unternehmen ist diese Einschätzung oft nicht einfach, weshalb die Finanzierung von jungen Unternehmen häufig als riskanter eingeschätzt werden muss. Das gilt insbesondere für Startups, das heißt Unternehmen, deren Produkt entweder noch gar nicht auf dem Markt ist oder die erst geringe Stückzahlen absetzen konnten. Hier muss bei der persönlichen Bewertung noch stärker auf das Potenzial des Unternehmens und den Kreis der Gründer geschaut werden. Als Folge des damit assoziierten Risikos wird hier von Investoren meist eine Beteiligung am zukünftigen Erfolg vereinbart, zumal eine feste hohe Verzinsung von solchen Unternehmen auf Basis der eigenen Finanzplanung in der ersten Zeit nur schwer abgebildet werden kann.

Risiko-Rendite-Verhältnis einschätzen

Um das Risiko-Rendite-Verhältnis für sich einschätzen zu können, ist es unabdingbar für Sie, zu einer persönlichen Gesamtbewertung des Unternehmens zu kommen. Hier sind unter anderem Faktoren wie Personal, Produkt, Wettbewerb, Geschäftsplanung und die Einschätzung des bisherigen ökonomischen Verlaufs wichtig. Denn anders als bei der Projektfinanzierung stellt man hier nicht rein auf zukünftige Erträge ab, sondern kann auch die Vergangenheit in Form von Jahresabschlüssen und anderen Veröffentlichungen des Unternehmens oder solche von Dritten über das Unternehmen einbeziehen.

Diese Fragen sollten Sie sich stellen

  • Glaube ich an den zukünftigen ökonomischen Erfolg des Unternehmens?
  • Habe ich genug Informationen um das Produkt, den Wettbewerb und das Personal einzuschätzen?
  • Habe ich einen guten Einblick in die vergangene Entwicklung des Unternehmens gewonnen?

Oftmals werden Ihnen von dem Unternehmen sowie von der Onlineplattform Informationen hierzu bereitgestellt. Auf der GLS Crowd dienen hierzu vor allem die Kennzahlenübersicht sowie die Bilanz, welche als Download zur Verfügung stehen. Darüber hinaus bieten viele Online-Plattformen Ihnen die Möglichkeit konkrete Fragen direkt an das jeweilige Unternehmen zu richten.

Befähigen Sie sich selbst, eine Entscheidung zu treffen

Transparenz ist einer der Kernwerte der GLS Crowd. Deshalb stellen wir Investor*innen umfangreiche Informationen zu jedem Investitionsangebot zur Verfügung. Unser Anliegen ist es Sie zu befähigen diese Informationen selbständig für sich zu bewerten, um eine informierte Investmententscheidung treffen zu können.

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